Tuesday, May 24, 2005

Gesicht zeigen

Eigentlich wollte ich nur, der Vollständigkeit wegen, erwähnen, dass ich heute meinen Reisepass abgeholt habe und die prognostizierte Bearbeitungszeit von sechs Wochen ziemlich genau hinkam. Da diese Nachricht jedoch ein wenig dürftig für einen ganzen Blog-Eintrag ist, kann ich ja noch schnell eine Reisepass-Anekdote erzählen:

Um einen Reispass beantragen zu können, braucht man bekanntlich ein Passbild. Ich hatte noch ein paar Bilder herumliegen, die ich für viel Geld bei einem Fotografen als Bewerbungsbilder hatte anfertigen lassen. Allerdings hatte dieser mich gleich darauf hingewiesen, dass diese nicht für einen Ausweis taugen würden -- "zu frontal". Da ich als alter Sparschwabe keine Lust hatte, für so etwas Unwichtiges wie einen Reisepass noch einmal viel Geld auszugeben, machte ich am Fotoautomaten am Rosenthaler Platz (vier s/w-Aufnahmen für 2 Euro, sehr zu empfehlen) einen neuen Satz Bilder. Mit diesem begab ich mich dann zum Bürgeramt Sonnenallee, um dort nach längerer Wartezeit zu erfahren, dass ich auf den Abbildungen nicht im Halbprofil zu sehen sei und neue Bilder notwendig seien. Anhand einer im Büro der Sachbearbeiterin hängenden Schautafel der Bundesdruckerei solle ich mir doch verdeutlichen, wie ein richtiges Bild auszusehen habe. Da mir zu diesem Zeitpunkt schon nicht ganz klar, was genau an meinem Bild falsch war und ich eine erneute Fehlinvestition einerseits vermeiden, andererseits auch immer noch nicht viel Geld für einen richtigen Fotografen ausgeben wollte, schaute ich mir zuhause die Bundesdruckerei-Informationen noch einmal genau im Internet an . Aber nein: auch jetzt konnte ich absolut nicht erkennen, was an meinem Bild falsch war. Gut, vielleicht ein bisschen zu sehr von der Seite, aber da könnten ja meine oben erwähnten Bewerbungsbilder helfen! Darauf sah ich schließlich fast so aus wie der zweite von rechts auf der Passbildtafel, nur dass ich nicht gelächelt habe.

Um zu vermeiden, erneut lange mit einem untauglichen Bild im Warteraum des Bürgerbüros zu warten, fragte ich gleich an der Information, ob mein Porträt nun denn tauge. Der Mitarbeiter schaute zuerst skeptisch, prüfte die Wirkung der Fotografie in Abhängigkeit von der Distanz zu seinen Augen, um dann zu dem Urteil zu kommen : "Na ich weiß nicht recht ... ich will das jetzt nicht entscheiden, gehn sie mal zur Chefin." Mit den größten Befürchtungen kam ich dieser Aufforderung nach und auch der Gesichtausdruck der Chefin war kaum weniger skeptisch als der ihres Kollegen an der Information. Nach einer ebenfalls kritischen Prüfung und flehentlichen Bemerkungen meinerseits erteilte sie mir jedoch letztendlich ihr Plazet, wenn auch nur "mit Bauchschmerzen". Dass die Sachbearbeiterin nachher das Bild natürlich auch nicht akzeptieren wollte und sich das Urteil der Chefin erst persönlich bestätigen ließ, wunderte mich dann auch nicht mehr, war mir aber auch egal.

Und die Moral von der Geschicht? Dass man lieber gleich viel Geld ausgeben sollte, um die richtigen Bilder zu bekommen? Dass mein Passbild-Beurteilungs-Modul unterentwickelt ist oder zumindest eine grobe Fehlfunktion hat? Dass mich das Bürgeramt bloß ärgern wollte? Ich weiß es nicht, aber vielleicht klärt sich das mit den Aufnahmen, die ich brauche, um mein Visum zu beantragen. Das Merkblatt der Botschaft gibt zumindest detaillierte (und in Schriftform verfasste!) Anweisungen als die "Passbildtafel"...