Sunday, July 31, 2005

"... erst einmal nachdenken, dachte er, ..."

... denn das hatte ihm bis jetzt am meisten gefehlt, nachdenken zu können, sich irgendwie einen Überblick darüber zu verschaffen, was in den letzten dreißig Stunden eigentlich passiert war, und wie er das alles einzuschätzen hatte.



So Frank Lehmann während seiner Bundeswehrzeit und in den letzten Tagen hatte ich häufiger das Gefühl, sehr gut verstehen zu können, was er damit meint: Ein Zeitraum, in dem sich eine gravierende Veränderung vollzieht. Der aber zugleich so viele Anstrengungen erfordert, dass alles irgendwie an einem vorbeizieht und keine Zeit bleibt innezuhalten, über die Veränderung zu reflektieren. Und daraus resultierend ein vage ungutes Gefühl (vielleicht ähnlich der flachen Bewusstlosigkeit?).

Nun ist es Sonntagvormittag und ich versuche, den Stand der Reflexion ein wenig auf den Lauf der Dinge aufholen zu lassen.

Der Umzug



Ich will nie wieder umziehen! Oder zumindest so lange nicht, als ich den ganzen Kram ohne professionelle Hilfe erledigen muss. Zugegebenermaßen bin ich selbst nicht ganz unschuldig daran, dass sich alles zu einem sehr fordernden, fast überfordernden
Unterfangen entwickelt hat: L hat desöfteren meinen großen Optimismus ("Das wird schon alles klappen ...") herausgestellt und äußerte darob eine gewisse Bewunderung. Im Prinzip bin ich auch sehr froh über diese meine Eigenschaft, jedoch gibt es auch Zeiten, in denen diese Art von Optimismus wenig hilfreich ist. Nämlich genau dann, wenn man den Aufwand für Aufgaben unterschätzt und sich damit einen großen Batzen Stress einhandelt. So geschehen nun eben in meiner letzten Woche in Berlin.

Nachdem AL am Sonntag Morgen wieder abgereist war und ich die Brunchschifffahrt mit Verwandschaft und Kater glücklich hinter mich gebracht hatte, begann die letzte Phase der Abreisevorbereitungen. Ich will hier nicht mit Einzelheiten langweilen; zusammenfassend kann man sagen: es war noch viel zu tun! Und so viel zu tun war, so wenig Zeit sind sechs Tage. Irgendwie habe ich es letztlich alles geschafft und man muss klar sagen: es war auch schön! Dank an die Kolleginnen und Kollegen an
der FU für die nette Ausstandsfeier und das Geschenk, dank an meine Gäste (und die, die nicht kommen konnten), danke an diejenigen, bei denen ich meinen Kram unterstellen konnte, dank an Herrn K für den fairen Deal und vor allem Dank an L für alles (das ich im Gegensatz zu dir hier nicht im Einzelnen aufzählen werde)! Ich werde euch vermissen. Sehr. Aber bevor ich zu wehmütig werde:

Pathetischer Abschied



Berlin lässt einen nicht so einfach gehen; nein, es muss einem noch einen richtig pathetischen Abgang bereiten. Begonnen hatte es schon, als ich mich von L bei Schwüle, leichtem Regen und fernem Donnergrollen vrabschieden musste. Nachdem ich dann mich dann noch bis gegen eins mit der Wohnungsrenovierung herumgeschlagen hatte
und wirklich nicht mehr konnte, beschloss ich, noch einen Nachtspaziergang zum Rathaus Grill zu machen. Es hatte noch etwa 26° und die Luft war mit Wasser vollgesogen. Auf dem Rückweg begann es dann leicht zu regnen und das ferne Donnergrollen kam immer näher. Leider reichen meine sprachlichen Fähigkeiten nicht
aus, um angemessen zu beschreiben, wie es sich anfühlte, ein letztes Mal durch Neukölln zu flanieren, die Straßen, Läden, Menschen einer Freitagnacht zu betrachten und am Ende auf der Wildenbruchbrücke zu stehen und zu warten, bis das Blitzen, das
den Himmel auf allen Seiten hell erleuchtete, mich erreichte. Wie gesagt: alles sehr pathetisch, aber trotzdem schön.

Die Wohnungsrenovierung



Während ich oben das Thema Renovierung eher im Vagen belassen habe, muss ich hier im Sinne der Ratgeberfunktion dieses Blogs doch ein paar klare Worte verlieren: Obschon ich meine Erfahrungen natürlich in Berlin gemacht habe, ist dies vermutlich auch für die USA ein guter Rat: Lassen Sie sich nienienie beim Beziehen einer Wohnung auf irgendwelche Kompromisse ein! Halten Sie alle Mängel fest! Egal, ob sie Sie stören oder nicht. Treffen Sie klare, schriftliche Vereinbarungen über notwendige Renovierungen!

Ich musste diese Erkenntnis im wahrsten Wortsinne teuer bezahlen, nachdem mir beim Streichen meiner Wohnung die Tapete halb entgegen gekommen war und der Hausmeister, Herr K, eröffnet hatte, was es kosten werde, die Wohnung in einen übergabefähigen Zustand zu bringen (nachdem ich mir schon alle Mühe mit dem Renovieren gemacht hatte). Anyway, dieses Kapitel ist abgeschlossen und ich kann nur hoffen, dieselben Fehler nicht noch einmal zu machen.

Das Geld



Das Geld für die Wohnungsrenovierung machte mir wieder einmal auf schmerzliche Weise bewusst, wie viel Geld mich das Jahr in den USA kosten wird. Ich hatte mich bereits vor längerer Zeit geärgert, dass Aussagen zu diesem Thema, etwa in DAAD-Berichten, eher im Vagen blieben. Um diesen Missstand zu beseitigen, wollte ich eigentlich eine detaillierte Aufstellung meiner Ausgaben anfertigen. Leider hat sich dies als zu aufwendig erwiesen, aber einen Versuch, die Kosten der Vorbereitung wenigstens grob zu überschlagen will ich doch unternehmen. Im Vorgriff kann man sicherlich sagen, dass ein Auslandsjahr für jemanden mit wenig Geld definitiv ein Problem darstellt! Das genauere Ergebnis folgt bei Gelegenheit.